Montag, 27. Oktober 2014

Rezension: Die wundersame Beförderung // Vikas Swarup


IM LEBEN BEKOMMT MAN NIE, WAS MAN VERDIENT, NUR DAS, WAS MAN FÜR SICH HERAUSHANDELT.
Erster Satz, S. 9.



Meine Meinung
Nachdem ich mit Rupien! Rupien! ein großer Fan von Vikas Swarup wurde, war es für mich selbstverständlich auch seinen neuen Roman zu lesen. Seinem Stil ist er auf jedenfall treu geblieben und das Buch weißt vom Aufbau der Geschichte her sogar Ähnlichkeiten mit dem erstgenannten auf. Swarup schreibt, um es mal anders auszudrücken, Bollywoodfilme in Buchform. Die wundersame Beförderung ist schlichtweg ein modernes Märchen.

Sieht man es nämlich nicht wie ein Märchen, wird man mit einer Geschichte konfrontiert, die etwas sehr konstruiert, sehr unrealistisch und absurd wirkt.
Die einzelnen Prüfungen laufen immer nach dem gleichen Muster ab. Sie sind sehr kurz gehalten, enthalten nur das Wesentliche, das für wichtig gehalten wird und einen Kern, ohne viel Schale.

Nach den Prüfungen trifft Sapna immer auf Karan, ihren besten Freund, und stellt sich seiner Skepsis und zum Schluss wird sie zu Acharya, dem Manager, der ihr die Stelle anbietet und ihr die Prüfungen dafür auferlegt hat, gerufen. Dieser konstante Ablauf führte mich in eine gewisse Vertrautheit. Das unrealistische daran ist eben, dass die Prüfungen hintereinander auftreten und das innerhalb von kurzer Zeit, also immer eine abgeschlossen wird, bevor die nächste startet. Die Prüfungen stellt das Leben, und wir wissen glaube ich alle, dass das Leben sich nie an irgendwelche Regeln hält, die veranlassen, wann es uns eine persönliche Prüfung abverlangt.
Sapna (lasst euch nicht vom Klappentext iritieren, der Sapna mit zwei p schreibt!), unsere Hauptfigur, ist etwas schwer einzuordnen. Ihr Charakter war für mich nicht wirklich greifbar. Sie ist mir mit jeder neuen Prüfung weiter entgleitet. Sie war mir jetzt nicht wirklich unsympathisch, aber ich konnte nie einen richtigen Bezug zu ihr aufbauen. Nichtsdestotrotz habe ich gerne ihre Geschichte verfolgt. Das Problem bei mir lag glaub ich daran, dass ich mich nicht richtig in sie einfühlen konnte. Mal handelte sie so und verfolgte diese Prinzipien, aber kaum trat irgendeine Veränderung ein, handelte sie plötzlich anders als erwartet und verfolgte andere Prinzipien. Mal war sie die Ernährerin der Familie und wirkte erwachsen, mal war sie ein kleines trotziges Kind, was für mich nicht zusammen gepasst hat. Die Nebenfiguren waren in ihrem Charakter schon gefestigter, auch wenn man von ihnen eher wenig mitbekommt. Einzig und allein Karan ist mir eigentlich sehr ans Herz gewachsen.

Wie auch schon in Rupien! Rupien! gelingt es Swarup hier wieder mal, die Missstände in Indien sehr provokant aufzuzeigen. Ich bin jedesmal schokiert, und kann es kaum glauben, dass das alles so ähnlich in Indien wirklich abläuft.
Sehr penetrant hervorgestochen sind für mich die Bezeichnungen von Orten in der Stadt. Vieles wird nur mit einzelnen Buchstaben und Nummern gekennzeichnet und es gibt viele Abkürzungen. Und sehr schmunzeln musste ich als die Anspielungen auf Slumdog Millionär (Die Verfilmung von Rupien! Rupien!) auftraten und Ram (dessen Hauptcharakter) wirklich auch in dieser Geschichte vorkommt. Zwar wird er nur erwähnt, aber diese Verknüpfung zu Rupien! Rupien! ist Swarup sehr gelungen. Was er sich wohl dabei gedacht hat, als er ihn auch in diese Geschichte rein geschrieben hat?

Das Ende liebe ich. Es ist eines dieser Enden, die mich aufrütteln und überraschen und so voller unerwarteter Wendungen sind. Es wird noch ziemlich actionreich, vielleicht ein bisschen übertrieben viel Action, aber das gibt dem Roman nochmal die nötige Würze. 

Achja, und noch kurz etwas zum Schreibstil. Das Buch lässt sich eigentlich flüssig lesen. Schade fand ich es, dass einige Hindi-Wörter nicht übersetzt wurden und es auch kein Glossar hinten im Buch gab. Sie machen zwar den Roman und die Geschichte authentisch, aber wenn man halt nicht viel mit Indien zu tun hat und selten Geschichten, die dort spielen, liest, kann man damit wenig anfangen. 

Fazit

 Ein modernes Märchen aus Indien, welches großen Wert auf gute Eigenschaften legt und auf viele Missstände in der indischen Gesellschaft aufmerksam macht. Leider waren die Charaktere nicht so mein Fall, konnten mich mit ihrer Geschichte jedoch gut unterhalten und sorgten für einige Überraschungen am Ende.



  


Klappentext
Sapna kann nicht glauben, was ihr der Fremde im Tempel anbietet: Sie soll die Leitung seines Firmenimperiums übernehmen, allerdings muss sie sich vorher sieben Prüfungen unterzeihen. Zunächst lehnt Sapna ab, doch dann zwingen sie die Umstände dazu, auf dieses seltsame Angebot einzugehen.


Infos
  • Autor: Vikas Swarup, geboren in Allahabad (Indien), studierte Geschichte, Philosophie und Psychologie. Wurde 1986 in den diplomatischen Dienst bestellt und war als Botschafter seines Landes Indien in der Türkei, den USA, Äthiopien, GB und Südafrika tätig. Seit 2009 ist er Generalkonsul in Osaka-Kobe, Japan. Sein erster Roman Rupien, Rupien wurde ein Bestseller, sein zweiter Roman Immer wieder Gandhi wird gerade verfilmt, und auch die Filmrechte an seinem neuen Roman wurden bereits verkauft. (Quelle: http://www.kiwi-verlag.de/autor/vikas-swarup/1023/ 23.10.2014)
  • Seitenanzahl: 395 Seiten
  • Widmung: für Aditya und Varun, die meine ersten Geschichten hörten
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • ISBN: 978-3-462-04415-7
  • Originaltitel: The Accidental Apprentice
  • Originalverlag: Simon & Schuster
  • Übersetzer aus dem Englischen: Bernhard Robben
  • Einzelband


Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars!

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